Messer in Hennen/ Studiobühne Köln
Rolle: Junge Frau/”Messer in Hennen“/David Harrower/Regie: Barbara Theobaldt/Studiobühne Köln 2002/03
Kritik Kölner Stadtanzeiger
Die Studiobühne zeigt mit „Messer in Hennen“ eine sehenswerte Inszenierung.
Die Bühne ist voller Erde, Späne, Holz. Darauf Menschen, die Felder bestellen. Das Licht über diesen Feldmenschen wechselt zwischen schwül und schwermütig, sonnengelb und mondsilbrig. Im Hintergrund Geräusche: trinkende Pferde, Pflüge, Mahlsteine, Vogelgezwitscher. Ohne Zweifel: Es ist ein Fest der Sinne, das die Premiere von „Messer in Hennen“ des schottischen Dramatikers David Harrower in der Studiobühne feiert. Leichtfüßig verleiht die Inszenierung von Barbara Theobaldt (Ausstattung: Katharina Sichtling) dem Theater etwas, das so manche burlesk-banale Aufführung gerade wegen ihrer Bemühtheit vermissen lässt: den Charme einer Sinnlichkeit, der vor allem jenseits der Sprache liegt.
Wenn der „Pflüger“ William (Thomas Höhn) zu seiner Frau (Frederike Bohr) sagt, sie sei „wie ein Feld, so stark“, dann sind es nicht eigentlich die Worte, die dem Zuhörer dieses Bild nahebringen – es sind die ausladenden und kräftigen Bewegungen der Frau. Doch wird in Theobaldts Inszenierung keineswegs bäuerliche Romantik kolportiert. Das Fest der Sinne ist auch ein dunkles Fest. Für William ist seine Frau nicht Person, sondern Besitz. Er ‚hat‘ sie, genauso wie er einen Sack Korn oder seine oft misshandelte Stute ‚hat‘. Thomas Höhn gibt ihn dementsprechend rustikal, aber auch ohne allzu große Nuancen. Mit vorgeschobenem Unterkiefer und kraftmeierischem Spiel wirkt er bisweilen wie ein verunglücktes Testosteron-Spektakel.
Ambivalenter ist da die Figur des Müllers, den Andreas Schmid als zynischen Halb-Intellektuellen spielt. Er wohnt außerhalb des Dorfes, von allen gehasst und doch unentbehrlich. Seine Andersartigkeit verzaubert die Frau des Pflügers. Doch schlägt er sie und den Zuschauer nicht über die monoton artikulierte und manchmal verhaspelte Sprache in Bann. Es sind auch hier die wortlosen Szenen, die am meisten beeindrucken. In erotischen Visionen sieht die Frau, wie der Müller die nackten Arme mit Mehl bestäubt und immer mehr Macht über ihr Fühlen gewinnt – bis zum tödlichen Ende. „Was ist ein Feld?“ heißt es an einer Stelle. Keine Frage: Das Spiel ohne Worte als das vielleicht schwerste Feld jeder Theaterarbeit ist gut bestellt in dieser sinnlichen Inszenierung. Im begeisterten Beifall des Publikums trug sie verdiente Früchte.
Quelle: http://www.ksta.de/kultur/ein-dunkles-fest-der-sinne,15189520,14360486.html